Das Untertrum bildet den südlichsten Teil der Ortschaft Riedlingsdorf und stellt vermutlich auch einen der ältesten Teile, wenn nicht den ältesten Teil, des Ortes dar. So sind seine Häuser nicht nur auf der Karte der Josephinischen Landesaufnahme aus den Jahren 1782 bis 1785 zu sehen, die Form seiner Grundstücke lässt immer noch die im Spätmittelalter verwendete Siedlungsform eines typischen Waldhufendorfes erkennen. (siehe dazu Station 08 – Dorfgründung)
Die ersten Spuren menschlichen Tuns in diesem Bereich des
Ortes reichen aber noch viel weiter zurück. So entdeckte ein Gemeindearbeiter
im Jahr 2002 westlich der Pinka in der Nähe der heutigen Müllsammelstelle die
Überreste keltischer Eisenverhüttung, die in Zusammenhang mit den zahlreichen zufällig
vom Landesmuseum Burgenland zur gleichen Zeit auf dem Lampelfeld untersuchten
Rennöfen stehen dürfte. Das Bemerkenswerte an dem Fund im Untertrum war die Größe der Schlackenüberreste, welche sogar die damals herbeigeholten Archäologen
überraschte. (siehe dazu Station N4 – Lampelfeld)
Auf dem Westhang des Pinkatales auf der Höhe des Untertrums
befinden sich auch mehrere Hügelgräber. In den Jahren 1901 bis 1910 führte der
Ortslehrer Johann Posch Ausgrabungen durch, an denen sich in weiterer Folge
auch die Archäologen F. Hautmann und A. von Rottauscher beteiligten. Die
Grabhügel enthielten aus Feldsteinen gemauerte Kammern in denen sich neben
Asche und Knochenstücken auch Reste von Waffen und Spangen befanden. Außerdem
würden römische Münzen gefunden, welche die Bildnisse verschiedener Kaiser aus
den ersten vier Jahrhunderten nach der Zeitenwende trugen.
Abbildung 1: Gemeindepolier Edwin Nagel fand im 2002 die Schlackenüberreste keltischer Eisenverhüttung (Bildquelle: Privatsammlung Heinz Bundschuh)
Text von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Bis zum Jahre 1811 befand sich, vermutlich westlich des
heutigen Kreisverkehrs, eine dem heiligen Urban geweihte Holzkirche und ein mit
einer Steinmauer umgebener Friedhof.
In
den Jahren 1697 und 1698 bereiste Stefan Kazó, der Archidiakon von Eisenburg (Vasvár), im Zuge
einer Kirchenvisitation insgesamt 663 Pfarr- und Kirchenorte im damaligen
Westungarn. Am 9. März 1697 führte ihn dabei sein Weg auch nach Riedlingsdorf,
wo er in einem handschriftlich geführten Visitationsbericht, der sich heute im
Bistumsarchiv Szombathely/Steinamanger befindet, die Kirchenanlage im Untertrum
folgendermaßen beschrieb:[1]
„Der Ort
Rurensdorff, der zur Herrschaft Pinkafeld gehört, hat eine Kirche außerhalb des
Ortes im Süden auf einem flachen Platz, die dem Papst und Märtyrer Urban
geweiht ist. Sie hat einen hölzernen Turm mit einer Glocke, Chor und Kanzel
sind aus Holz. Das Sanktuarium ist gewölbt, das übrige flach. Sie besitzt weder
Sakristei, noch Taufbecken, noch Beichtstuhl. Vorhanden ist ein Altar zu Ehren
des hl. Urban. Der Friedhof ist geräumig, mit Steinen eingefasst.
Die Kirche
besitzt je einen Acker in den Rieden Raba, Kirbek und Czubak, sowie je eine
Wiese in den Rieden Borterrain, Hozemsprun und Trau… Pfarrkinder sind 700,
hievon 130 katholisch.“
Beim heiligen Urban handelte es sich übrigens um den Schutzpatron der Winzer, da in Riedlingsdorf früher, unter anderem auf der südöstlich des Untertrums gelegenen Bühlhöhe, Wein angebaut wurde. (siehe dazu Station N1 – Historischer Weinbau)
Abbildung 2: Ehemalige katholische Kirche im Süden der Ortschaft (Copyright Österreichisches Staatsarchiv)
Brandkatastrophen
hat es in der Geschichte des Ortes immer wieder gegeben. Manchmal waren
Kriegswirren Schuld daran, dass der Ort oder Teile des Ortes brannten und
manchmal war es aber auch menschlicher Leichtsinn. Zur ersten Sorte gehörte die
Zerstörung des Ortes im Jahre 1532 durch die Türken. Nachdem bereits 1529 zum
ersten Mal Wien belagert worden war, zog drei Jahre später abermals ein
riesiges türksiches Heer, bestehend aus rund 100.000 Mann, in Richtung
Habsburgerhauptstadt. Auf dem Weg dorthin kam es zur Belagerung der Stadt Güns,
die sich entgegen aller Erwartungen so lange verteidigen konnte, bis Sultan
Süleyman I. den Feldzug abbrach und über das heutige Burgenland und die
Oststeiermark den Rückzug antrat.[2] Auf dem Weg nach Süden wurden alle Siedlungen, auf die man dabei traf, dem
Erdboden gleichgemacht, sodass im historischen Werke des Deschelalsade
Nisandschibaschi nachzulesen ist: „Das
deutsche Land ward rings verbrennet und gesengt, des Himmels reine Luft mit
dichtem Rauch vermengt, und jeder Zufluchtsort ungläubiger Gebete verheeret und
verkehrt in eine wüste Stätte.“
Christoph Ramschüssel von Schönegg beschrieb am
23. August 1532 folgendermaßen die Zerstörungen: „Die fünf Eigen auf dem Ungarischen, Pinkafeld und der Schachen sind
alle dahin, ebenso Stegersbach, auch was in der Nähe des Schlosses liegt, alles
dahin.“
Ein weiteres Mal dürfte der Ort im Zuge des sogenannten Bocskai-Aufstandes
1605 gebrannt haben. Stephan Bocskai, ein ungarischer Großgrundbesitzer, erhob
sich gegen Habsburgerkaiser Rudolf II. und verwüstete mit Hilfe türkischer und
tartarischer Hilfstruppen das Grenzland. Ludwig von Königsberg, dem die
Herrschaft Bernstein und somit auch Riedlingsdorf gehörte, schrieb 1606 in
einem Bericht an den Kaiser: „… die
dörffer aber sambt maierhöffen sindt alle verprennt, die undterthannen
gefenckhlichen hinweckhgefiert und niedergehauet worden und ist also zur ödnuss
worden, dass ich derselben in zehn jahren nit wie vorhin geniessen wier khünnen
und da der khrieg continuieren soll mich khains genuess zu getrösten habe, denn
khainer von den übriggebliebenen undterthanen zur stofftun zue bewegen sein
würdt.“[3]
Der burgenländische Historiker Harald Prickler stellte in den
1960er-Jahren in einem Brief an den damaligen Riedlingsdorfer
Volksschuldirektor Johann Huber die Vermutung an, dass im Zuge des Bocskai-Aufstandes
ein Großteil der Ortsbevölkerung entweder ums Leben gekommen oder weggezogen
war. Er stützte sich dabei auf einen Vergleich der beiden Urbare von 1569 und
1648, bei denen der jüngere Urbar nur mehr 14 Familiennamen enthielt, die auch
schon im älteren enthalten waren.[4]
Ein weiteres kriegerisches Kapitel, das zu einer
Brandkatastrophe im Ort führte, war der Aufstand des Franz II. Rákóczi. Wieder
handelte es sich hier um einen ungarischen Aufstand gegen das Hause Habsburg
und wieder hatte besonders das Grenzland zu leiden. Verschärfend kam hinzu,
dass sich die ungarisch sprachigen Bewohner der Wart den aus Innerungarn und
Siebenbürgen stammenden Kuruzzen anschlossen und mit ihnen brutale Beutezüge in
die angrenzende Steiermark unternahmen. Die Rache der aufgebrachten Steirer
folgte auf den Fuß und am 27. August 1704 drangen 3000 von ihnen über Markt
Allhau in die Wart vor und brannten auch den Ort Riedlingsdorf bis auf die
Grundmauern nieder. Lediglich fünf Häuser sollen von der Rache der Steirer
verschont geblieben sein.[5]
Im Inventar des Battyanischen Archives der Herrschaft
Pinkafeld sind Schriftstücke zu diesem Brandereignis erhalten geblieben, in
denen Richter und Geschworene von Friedberg und Grafenschachen einem Georg
Edendörfer, dem damaligen Marktrichter von Pinkafeld, bescheinigen, dass er
nicht an der Brandschatzung von Riedlingsdorf teilgenommen hatte. Ein ähnliches
Schriftstück stellte das Stift Vorau einem Martin Kurtz aus, in dem bestätigt
wird, dass er den Ort Riedlingsdorf nicht angezündet haben kann, weil er sich
zur gleichen Zeit in Vorau aufgehalten hat.[6]
Ein Großbrand, der nicht unmittelbar im Untertrum wütete,
aber trotzdem älteren Menschen in Erinnerung blieb, brach während des 2.
Weltkrieges aus. Im an das Untertrum angrenzende Mitteltrum gingen die
evangelische Turmschule und die Häuser 49, 51, 52, 53, 55, 56, 58, 60, 61, 62,
63, 165, 168, 169 und 204 in Flammen auf. Viele Familien hatten außerdem den
Verlust landwirtschaftlicher Gerätschaften und von Vorräten zu beklagen.
Eine
weit größere Katastrophe blieb der Ortschaft in den letzten Kriegstagen zum
Glück erspart. Die Ortschaft Riedlingsdorf war von deutscher Seite zur
Verteidigung gegen den Vormarsch der Roten Armee vorbereitet worden. Die
Ortsbevölkerung und die Bewohner umliegender Ortschaften hatten einen drei
Meter tiefen und fünf Meter breiten Panzergraben ausgehoben, der das Pinkatal
querte und von der Bahnlinie bis zur Pinka verlief. Außerdem verlief auf der
Ostseite der Ortschaft ein Schützengraben in Nord-Süd-Richtung. Hätte es
entsprechende deutsche Truppen gegeben, welche diese Stellungen hätten
verteidigen können, wäre der Ort vermutlich mit Stalinorgeln und Artillerie
zusammengeschossen worden, wie viele andere Ortschaften in diesem Krieg, wenn
sie als Verteidigungsstellungen genutzt wurden. Besonders das Untertrum hätte
hier besonders zu leiden gehabt, verlief ja der Panzergraben, um den sich
vermutlich heftige Kämpfe entwickelt hätten, praktisch vor dessen Haustür.[7]
Abbildung 3: Verteidigungsanlagen im Süden der Ortschaft
Am 17. April 1954, dem Karsamstag, hatte das Untertrum sein
Glück aufgebraucht, denn an diesem Tag brach um 9 Uhr vormittags im Wirtschaftsgebäude des
Pächters Rudolf Petsch ein Brand aus. Zu allem Übel wehte an diesem
Osterwochenende ein heftiger Sturm, welcher brennende Strohteile der
Dachabdeckung verblies, sodass in weiterer Folge insgesamt 16 Objekte in Brand
gerieten. So gingen die ersten 13 Untertrumer Häuser auf der Ostseite der
Ortsdurchfahrt in Flammen auf. Die Feuerwehr gab Großalarm für den ganzen
Bezirk Oberwart, alles was an diesem Tag mobil gemacht werden konnte, brach
nach Riedlingsdorf auf um bei den Löscharbeiten zu helfen. Am Nachmittag
besuchte Landeshauptmannstellvertreter Alois Wessley zusammen mit den
Landesräten Albin Dostal und Johann Wagner die Brandstätte und versprach rasche
Hilfe durch das Land Burgenland.
Während
es in der Ortschaft während des Brandes keine Opfer gegeben hatte, verunglückte
ein Auto der Freiwilligen Feuerwehr Willersdorf beim Einrücken. Der 24-jährige
Feuerwehrmann Franz Kirnbauer und die 25-jährige Schneidergehilfin Johanna
Neubauer, die in Riedlingsdorf arbeitete und sich tragischerweise über eine
Mitfahrgelegenheit nach Hause gefreut hatte, verstarben bei diesem Unfall.
Außerdem wurden zwei weitere Feuerwehrleute leicht und sieben leicht verletzt.[8]
Abbildung 4: Die Häuser auf der rechten Seite der Straße gerieten 1954 in Brand (Bildquelle: commons_wikimedia_org - Author Franz Karner - Lizenz CC-BY-SA)
[1] Manfred
Kockert: 200 Jahre Röm.kath. Filialkirche
Riedlingsdorf der Pfarre Pinkafeld, Seite 10
[2] Vgl.
Josef Karl Homma, Harald Prickler, Johann Seedoch: Die Geschichte der Stadt Pinkafeld, Pinkafeld 1987, Herausgeber
Stadtgemeinde Pinkafeld, Seite 29
[3] Vgl. http://www.atlas-burgenland.at/index.php?option=com_content&view=article&id=357:die-herrschaft-bernstein&catid=22&Itemid=124,
abgerufen am 22.5.2022
[4] Vgl.
Johann Huber: Die Geschichte von
Riedlingsdorf. Manuskript, Privatsammlung
[5] Fritz
Posch: Flammende Grenze - Die
Steiermark in den Kuruzzenstürmen. Graz 1986, S. 157.
[6] Vgl. Johann Huber: Die Geschichte
von Riedlingsdorf. Manuskript, Privatsammlung
[7] Vgl. https://regiowiki.at/wiki/Kriegsende_in_Riedlingsdorf_1945, abgerufen am 22.5.2022