Das Gemeindeamt und der Dorfplatz bilden den Mittelpunkt der Marktgemeinde Riedlingsdorf. In dieser Form gibt es das Dorfzentrum seit Anfang der 2000er-Jahre als das Gemeindeamt neu errichtet wurde, nachdem das alte Haus, die sogenannte „Walke“, die bis zu diesem Zeitpunkt die Gemeindeverwaltung beherbergt hatte, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden war.
Abbildung 1: Gemeindeamt Riedlingsdorf
Der Dorfplatz wird im Westen von der
Volksschule und im Norden vom sogenannten Ärztehaus begrenzt. Auch diese beiden
Gebäude wurden im Zuge der Neugestaltung des Ortszentrums neu gebaut bzw.
erweitert. So ersetzte die Volksschule einen Vorgängerbau, der Anfang der
1970er-Jahre in Betrieb genommen und als Zentralschule bezeichnet worden war,
weil er damals die vier Riedlingsdorfer Schulklassen in einem Gebäude
zusammenfasste, die davor auf mehrere Standorte verteilt waren.
Bei der Neuerrichtung des
Gemeindeamtes war es der Gemeindevertretung besonders wichtig, dass das Gebäude
auch außerhalb der Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung von Leben erfüllt ist.
Daher wurde auch die Freiwillige Feuerwehr in die Anlage integriert und der
Männergesangsverein „Eintracht“ Riedlingsdorf erhielt im ersten Stock des
Gemeindeamtes ein Probenlokal zugewiesen. Beide Institutionen hatten bereits im
alten Verwaltungsgebäude entsprechende Räumlichkeiten besessen.
Gedicht von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Gedicht von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Gedicht von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Gedicht von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Die Ortschaft Riedlingsdorf wurde
1331 erstmals urkundlich erwähnt, die eigentliche Gründung dürfte aber schon
Jahrzehnte vor dem Jahr stattgefunden haben.
Die Ortschaft gehörte zur Herrschaft Bernstein,
welche sich Ende des 14. Jahrhunderts im Besitz der Familie Kanizsay befand. Als
1418 Johannes von Kanizsay starb, setzte König Sigismund zwei Verwalter für
Kanizsays unmündigen Sohn ein. Beide Verwalter plünderten in der Folge die
Herrschaft Bernstein regelrecht aus, sodass sich drei Pinkafelder Bürger und
ein Thomas von Rudingstorff daraufhin
beim König beschwerten und auch Recht bekamen. Dieser Thomas von Rudingstorff ist somit der erste Bewohner von
Riedlingsdorf, der in einer Urkunde namentlich erwähnt wurde.
Abbildung 2: Riedlingsdorf als Teil der Herrschaft Bernstein (Bildquelle: www.atlas.burgenland.at - Copyright Michael Floiger)
In der Folge entwickelte sich
Riedlingsdorf im Windschatten des privilegierten Marktes Pinkafeld zum größten
Bauernort der Herrschaft Bernstein.
1486 betraute schließlich Kaiser
Friedrich III. Hans von Königsberg mit der Herrschaft Bernstein. Fünf
Generationen der Familie Königsberg sollten nun bis 1644 für deren Geschicke
und somit auch für den Ort Riedlingsdorf verantwortlich zeichnen. Da die Königsberger
evangelisch waren, wurde in dieser Zeit der Grundstein dafür gelegt, dass auch
in unserer Zeit die Mehrzahl der Riedlingsdorfer evangelischen Glaubens
Augsburger Bekenntnisses sind. Auch war die Herrschaft Bernstein und somit auch
der Ort während der Zeit der Königsberger Teil des Hauses Österreich. Diese
Zuordnung endete 1647, als man nach dem 1644 erfolgten Verkauf an die
ungarische Magnatenfamilie Batthyány wieder Teil von Ungarn wurde. Dort
verblieb der Ort, der den ungarischen Namen Rödön (bzw. Rödöny) trug, bis er
mit der Gründung des Burgenlandes 1921 endgültig ein Teil von Österreich wurde.
Eine detaillierte Beschreibung der
Ortschaft erfolgte im Jahre 1569 in Form eines Urbars, den der
Herrschaftsbesitzer Christoph von Ehrenreich damals anfertigen ließ. In diesem
Dokument wird die Ortschaft als Riegerstorff bzw. Riedingstorff bzw. Ridlingstorff bezeichnet und aus ihm
geht hervor, dass der Ort damals aus zwei ganzen, 74 halben und 3 Viertelhöfen
bestand. Damit war er mit Abstand der größte Bauernort in der Herrschaft
Bernstein. Dies lag vermutlich an der günstigen Lage im Pinkatal, da sich der
Süden der Ortschaft als weniger hügelig erweist als die anderen Gebiete der
ehemaligen Herrschaft Bernstein. Außerdem konnten durch das Wasser der Pinka
vier Mühlen angetrieben werden, die rund 20 Prozent der Mühlenkapazität der
gesamten Herrschaft darstellten.
1659 erfolgte eine Teilung der Herrschaft
Bernstein, Riedlingsdorf blieb fortan an der Seite seines nördlichen Nachbarns
Pinkafeld, ein wichtiger Teil der Herrschaft Pinkafeld.
Das Gebiet, in dem Riedlingsdorf liegt, war ursprünglich ein Teil des sogenannten Gyepű-Grenzschutzsystems, welches die Ungarn nach ihrer Niederlage 955 bei der Schlacht auf dem Lechfelde errichteten. (siehe dazu Station 8 – Dorfgründung)
Abbildung 3: Das ungarische Gyepű-Grenzschutzsystem in dem auch Riedlingsdorf gegründet wurde (Bildquelle: Wikimedia Commons - AlteBilder - Public Domain)
Nachdem dieses Grenzschutzsystem im
12. und 13. Jahrhundert seinen militärischen Nutzen verloren hatte, erfolgte in
dieses Niemandsland hinein die deutsche Besiedlung Westungarns mit Siedlern aus
der Steiermark, Niederösterreich und auch aus Bayern.
Seine Lage an der Grenze zwischen
Ungarn und Österreich sollte für den Ort in den nächsten Jahrhunderten
gravierende Folgen haben, welche mehrmals zu seiner Zerstörung führen sollten.
Eine dieser Katastrophen trat im Jahr 1532 ein,
als ein türkisches Heer auf seinem Weg nach Wien durch die Belagerung von Güns
solange aufgehalten wurde, dass es den Feldzug abbrechen musste. Bei seinem
Rückweg, der über das Südburgenland und die Oststeiermark führte, wurde alles
dem Erdboden gleichgemacht, darunter mit ziemlicher Sicherheit auch die
Ortschaft Riedlingsdorf.
1605 brach im Grenzland der
sogenannte Bocskai-Aufstand auf, eine Rebellion des ungarischen
Großgrundbesitzers Stephan Bocskai gegen das verhasste Haus Habsburg. Im Zuge
dieses Aufstandes verwüsteten die Aufständischen die Ländereien der Familie
Königsberg, die in einem Bericht an den Kaiser den Zustand ihrer Dörfer
folgendermaßen beschrieb: „… die dörffer
aber sambt maierhöffen sindt alle verprennt, die undterthannen gefenckhlichen
hinweckhgefiert und niedergehauet worden und ist also zur ödnuss worden, dass
ich derselben in zehn jahren nit wie vorhin geniessen wier khünnen und da der
khrieg continuieren soll mich khains genuess zu getrösten habe, denn khainer
von den übriggebliebenen undterthanen zur stofftun zue bewegen sein würdt …“
Riedlingsdorf muss von diesem
Aufstand besonders betroffen gewesen sein, weil der burgenländische Historiker
Harald Prickler in einem Vergleich eines Urbares von 1645 mit jenem von 1569
feststellte, dass nur mehr 14 Familiennamen aus dem älteren Dokument erhalten
geblieben waren.
1664 scheiterte zwar ein neuerlicher
türkischer Feldzug in der Schlacht bei Mogersdorf, aber eine rund 1000 Mann
starke türkische Streifschar drang über Sinnersdorf kommend in das nördliche
Pinkatal ein und lieferte sich einen Kampf mit Pinkafelder Bürgern, welche sich
in dem die Pfarrkirche umgebenden Friedhof verschanzt hatten. Ein Weiler, der
sich am Fuße des Kalvarienberges befunden hatte, wurde dabei nachweislich
zerstört. Vermutlich wird auch Riedlingsdorf bei diesen Kampfhandlungen schwer
in Mitleidenschaften gezogen worden sein.
1683, dem Jahr der Zweiten Wiener
Türkenbelagerung, kollaborierte der damalige Herrschaftsbesitzer Christoph
Batthyány mit dem türkischen Heer um seine Ländereien zu schützen. Im Auftrag
der Türken fiel er daraufhin mit seinen eigenen Truppen plündernd in die
Oststeiermark ein. Als sich der türkische Feldzug vor den Toren Wiens dann
festlief und schließlich in der Schlacht am Kahlenberg ein für die Türken
katastrophales Ende nahm, fielen steirische Truppen am 20. August und am 9.
September in Batthyánys Ländereien ein und verwüsteten ihrerseits dessen
Besitztümer.
Ein neuerlicher Aufstand gegen die
Habsburger stellten die Kuruzenunruhen zwischen 1704 und 1709 dar. Dieses Mal
waren es die ungarisch sprachigen Bewohner der Wart, welche mit den
Aufständischen gemeinsame Sache machten und plündernd in die Steiermark
einfielen. Auch dieses Mal folgte die Rache der Steirer auf den Fuß. So fielen
am 27. August 3000 Steirer über Markt Allhau kommend in die Wart ein und
rächten die vorher an ihnen begangenen Verbrechen. Im Zuge dieses Vorstoßes ist
vermutlich auch Riedlingsdorf niedergebrannt worden, zumindest lässt sich das
aus zwei Dokumenten ableiten, die im Archiv der Herrschaft Pinkafeld erhalten
geblieben sind. So wird dem Marktrichter von Pinkafeld, Georg Edenhöfer, vom
Richter und den Geschworenen von Grafenschachen und von Friedberg bescheinigt,
dass er nicht an der Brandschatzung von Riedlingsdorf teilgenommen hat. In
einer weiteren Urkunde wird vom Stift Vorau einem Martin Kurtz bescheinigt,
dass er Riedlingsdorf hat nicht anzünden können, weil er sich zur fraglichen
Zeit in Vorau aufgehalten hat.[1]
Eine weitere Zerstörung drohte
Riedlingsdorf gegen Ende des 2. Weltkrieges als im Süden der Ortschaft ein
Panzergraben und östlich des Ortes Schützengräben in wochenlangen Arbeiten
vorbereitet wurden. Als dann die Rote Armee Anfang April 1945 Riedlingsdorf
erreichte, gab es zum Glück für den Ort keine deutsche Truppen, welche die
Verteidigungsstellungen besetzen hätten können. Dadurch blieb der Ortschaft die
Zerstörung jener oststeirischen Dörfer erspart, in denen die deutsche Wehrmacht
in den letzten Kriegswochen noch erbitterten Widerstand leistete.
Eine weniger kriegerische Geschichte
hat der Männergesangsverein „Eintracht“ Riedlingsdorf aufzuweisen, der wie
beschrieben, im aktuellen Gemeindeamt und auch in seinem Vorgängerbau ein
Probenlokal unterhält bzw. unterhielt.
Seine Gründung erfolgte im Jahre 1903 durch den
damaligen Volksschullehrer Johann Posch, der in Personalunion dem Verein sowohl
als Obmann vorstand als auch als Chorleiter verantwortlich zeichnete. Das Motto
des Vereines lautete bzw. lautet:
„Himmlische Wonne
liegt in dem Tone
Eintracht und Friede
im Liede“
Als 1914 der Erste Weltkrieg begann,
musste der Vereinsbetrieb eingestellt werden und es sollte bis zum Jahre 1929
dauern, ehe der Verein unter dem neuen Obmann Adolf Trattner neu gegründet
werden konnte. Dieses Mal sollte es aber nur zehn Jahre dauern, ehe ein
weiterer Weltkrieg dem Vereinsleben ein neuerliches Ende bereitete.
Am 27. Dezember 1951 kam es zur
nunmehr letzten Neugründung des Vereines. Auch dieses Mal übernahm Adolf
Trattner die Vereinsführung, ihm zur Seite stand Chorleiter Johann Huber. Mit
dieser Führungsspitze wurden die nächsten drei Jahrzehnte bestritten, die wohl,
wenn man die Zahl der Sänger als Vergleichswert heranzieht, die erfolgreichsten
Vereinsjahre darstellen. Als Adolf Trattner 1978 und Johann Huber 1980 binnen
weniger Jahre verstarben, übernahm der bisherige Chorleiterstellvertreter Hans
Hutter beide Funktionen.
Abbildung 4: Der MGV mit Chorleiter Johann Huber, Obmann Adolf Trattner und ihrem Stellvertreter Hans Hutter
(Copyright MGV Riedlingsdorf)
1981 erfolgte die Wahl von Walter
Reusser zum Vereinsobmann, nach dem Rücktritt von Hans Hutter 1983 als
Chorleiter übernahm Wilfried Salber diese Funktion. 1995 erfolgte ein weiterer
Wechsel an der Spitze des Chores, dessen Leitung nun Diethard Konrad übernahm.
Die Vereinsleitung wechselte 2001 auf den neuen Obmann Peter Piff unter dessen
Obmannschaft 2003 das 100-jährige Bestandsjubiläum des Chores gefeiert werden
konnte.
Obwohl es sich bei dem Chor um einen
Männerchor handelt, wurde schließlich Elisabeth Bundschuh 2017 Chorleiterin des
MGV Riedlingsdorf. Zeitgleich mit ihr wurde auch der aktuelle Obmann Bernd
Baldauf als Sänger angelobt.
Abbildung 5: Angelobung von Chorleiterin Elisabeth Bundschuh und Bernd Baldauf durch den damaligen Obmann Peter Piff (Copyright Heinz Bundschuh)
Das Gemeindeamt bildet nun auch den Ausgangspunkt für die Kernroute des Schalotten-Rundweges auf dem in 21 Stationen die über 700-jährige Geschichte der Marktgemeinde Riedlingsdorf, aber auch Institutionen und Persönlichkeiten, vorgestellt werden.
[1]
Vgl. Inventar des Batthyanischen Archives Herrschaft Pinkafeld: https://www.burgenland.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Kultur/Landesarchiv_Bestaende/A-II-2__Herrschaft_Pinkafeld.pdf,
abgerufen am 20. Juni 2022